Auf der gedanklichen Suche nach einem passenden Objekt für
Juttas Fotoprojekt „Marode Schönheiten“ kam mir die größte überwältigende
Schönheit voll des morbiden Charmes in den Sinn, die ich je erblicken durfte!
Seht selbst:
Ich war fasziniert von den grandiosen aber maroden Palazzi
und Profanbauten mit ihren einst so prachtvollen und nun verblaßten Fassaden,
den kleinen Seitenkanälen gesäumt von den verfallenden und dennoch – oder gerade
deshalb - so charmanten Häusern und entzückt von den schmalen Gassen, die
sich völlig unerwartet auf einen üppig begrünten Platz hin öffnen können.


Erkennt Ihr sie? Diese außergewöhnliche Stadt, noch im
Verfall bezaubernd? Die auf über hundert Inseln erbaute Lagunenstadt, Hauptstadt
der Melancholie?
Bei unserer ersten Begegnung schien die ruhige auto- und mopedfreie
Stadt in aller Stille langsam sterben zu wollen, als würde sie sich den stetigen
Fluten des Meeres nach langem Kampf nun ergeben. Es hieß damals, sie versinke nun
bald und man müsse sich sputen, um sie noch sehen zu können. Tatsächlich sacken
die Bauwerke immer tiefer (in den letzten hundert Jahren um 23 cm)
Beim letzten Besuch war ich bestürzt von den unzähligen über
die Kanäle brausenden Booten mit ihren häßlich lärmenden Motoren, deren Passagiere
rücksichtslos und blind gegenüber dieser Schönheit sein müssen. Mit ihrem
Wellenschlag gefährden die privaten
Motorboote die Substanz der alten Häuser.
Jedoch am dramatischten sind die riesigen Kreuzfahrtschiffe,
die leider nicht nur wegen ihrer optischen Deplatzierung schmerzen, sondern
auch durch Wellenschlag und Emissionen die Lagunenstadt extrem schädigen.
20 Millionen Touristen strömen jedes Jahr nach Venedig, bis zu 60.000 sind es täglich! Sie bringen
nicht nur Geld, sondern tragen leider auch zur Beschleunigung des Verfalls bei. Kritische Stimmen meinen inzwischen, daß Venedig nicht im Meer
versinken sondern im Müll der Touristen ersticken wird. Je mehr Touristen die
Stadt überschwemmen, desto mehr Einheimische ziehen sich auf das Festland
zurück. Die astronomisch hohen Mieten sind kaum noch finanzierbar und viele prognostizieren,
daß bereits im Jahr 2030 die Stadt
ausgestorben und nur noch Kulisse sein wird.
Trotzdem möchte ich sie wiedersehen...
Auch die Nachbarinsel Burano ist auf
einzigartige Weise ganz bezaubernd schön. Falls ihr noch nicht in Venedig wart, versäumt keinesfalls diese Insel mit ihren legendären farbenfrohen Häuschen zu besuchen!
Trotzdem möchte ich sie wiedersehen...
Und hier gibt es weitere Marode Schönheiten zu sehen.
Eure Kathinka